Rohstoffdiplomatie kann dem Kongo helfen
Rohstoffdiplomatie kann dem Kongo helfen
War and Dizzying Regional Alliances in Congo’s East
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Op-Ed / Africa 2 minutes

Rohstoffdiplomatie kann dem Kongo helfen

Handys, Netbooks und Spielkonsolen sind fester Bestandteil unseres Alltages. Diese Geräte funktionieren auch dank bestimmter Mineralien, die zum Beispiel in Afrika abgebaut werden. Viele von diesen sind sogenannte Konfliktmineralien, gewonnen unter besonders gefährlichen, inhumanen Bedingungen. Die Arbeit wird von Milizen und bewaffneten Gruppen überwacht. Im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) finanziert und heizt der Erlös solcher Mineralien den Kampf weiter an unddestabilisiert die gesamte Region.

Um die Situation zumindest auf der Abnehmerseite zu lindern, reagierten die Vereinigten Staaten 2010 mit dem sogenannten Dodd-Frank-Act. Artikel 1502 dieses Gesetzes verpflichtet Unternehmen, die Verwendung von Konfliktmineralien aus der DRK und den angrenzenden Ländern offen zu legen. Die Maßnahme soll den Handel mit Konfliktmineralien transparent machen.

Auch die Europäische Union (EU) befindet sich in der Beratungsphase für ein ähnliches Zertifizierungsprogramm, insbesondere für Mineralien aus der Region der Großen Afrikanischen Seen. Deutschland arbeitet sogar konkret an einem System. Für beide gilt: die Zertifizierung sollte keine Kopie des amerikanischen Gesetzes werden. Stattdessen sollten die Europäer einen Schritt weiter gehen. Sie können aus den Erfahrungen mit dem Dodd-Frank-Act lernen, denn es hat mehr Fragen aufgeworfen, als Antworten gegeben.

Dodd-Frank-Gesetz erzeugt wirtschaftliche und soziale Zusatzkosten

Bei der Entwicklung eines europäischen Zertifizierungprogrammes gilt es gleich mehrere Probleme zu bewältigen. Erstens ist es sehr schwierig, konfliktfreie Lieferwege aus den Kivu-Provinzen im Osten Kongos zu schaffen. In diesem Gebiet existiert die kongolesische Regierung nur auf dem Papier. Die beiden höchsten Autoritäten der Staatsmacht haben sowohl 2009, als auch 2010 zur Entmilitarisierung von Abbaustätten gerufen. Der Erfolg blieb aus.

Zweitens ist es problematisch, eine wirklich zuverlässige Methode zur Überprüfung der Lieferkette zu etablieren. Im Falle Deutschlands wird das System der zertifizierten Handelsströme im Bergbau von Experten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover erstellt. Die Zertifizierung der Exporte selbst soll hingegen durch die Regierungen der exportierenden Länder erfolgen. Doch die Beglaubigung konfliktfreier Mineralien durch korrupte Regierungen stellt die Glaubwürdigkeit der gesamten Aktion in Frage.

Drittens verursacht die Herkunftskennzeichnung der Mineralien vor allem für die Importeure zusätzliche Kosten. Das wirkt sich auf die Preise der kongolesischen Mineralien aus und beeinträchtigt deren Wettbewerbsfähigkeit. Die Importeure werden folglich einfach in anderen Ländern einkaufen. So entstehen durch das Dodd-Frank-Gesetz wirtschaftliche und soziale Zusatzkosten und die Zurückhaltung der Käufer führt zu Arbeitslosigkeit bei den Bergleuten.

Die Situation legt somit offen, warum die Mineralien aus den Kivu-Provinzen überhaupt wettbewerbsfähig sind, nämlich aufgrund der rücksichtslosen Ausbeutung der Arbeitskräfte. Die Bedingungen im Bergbau der Kivu-Provinzen könnte man als eine Art freiwilliger Sklaverei bezeichnen. Tausende von Bergleuten, die mit einfachen Schaufeln und Pickeln arbeiten, riskieren täglich ihr Leben. Sie finden keinen Ausweg aus der Armut. Für die wirtschaftliche Seite dieser bedrückenden Umstände hält das Dodd-Frank-Gesetz keine Lösung bereit.

Das können die EU und Deutschland mit ihren eigenen Zertifizierungsprogrammen ändern. Sie können die Schwächen des amerikanischen Gesetzes beheben. Bei der Gestaltung der europäischen Version sollte deswegen nicht nur Transparenz für Unternehmen gefordert werden, die in Konfliktregionen tätig sind, sondern auch ein Beitrag zur Verbesserung der sozioökonomischen Rahmenbedingungen der Bergleute geleistet werden. Was außerdem noch fehlt ist eine Marktregulierung durch einen politischen und entwicklungsorientierten Ansatz. Diese braucht eine Ergänzung durch den politischen Dialog in den Erzeugerländern.

Denn gerade auf der politischen Seite besteht noch viel Raum für Verbesserungen. Der Wunsch, eine Rohstoffdiplomatie zu entwickeln, ist bereits vorhanden. Jetzt muss Europa die Konfliktmineralien zu einem Hauptthema des politischen Dialogs mit internationalen Organisationen und den Ländern der betroffenen Region machen. Nur so können diese dazu ermutigt werden, ebenfalls für Transparenz zu sorgen. Dabei helfen die Veröffentlichung der Verträge, die Schaffung gesetzlicher Regelungen zur Sorgfaltspflicht und zur Zertifizierung und der Beitritt in die Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft (EITI).

Auf diesem Weg kann der Wille der Länder in der Region zu einer Handelsregulierung überprüft werden. Der politische Dialog könnte im Rahmen des Cotonou-Abkommens und des bestehenden Dialogs zwischen der EU und der Afrikanischen Union (AU) stattfinden.

Als Hauptgeber für die Länder in der Region der Großen Afrikanischen Seen stehen der EU alle Möglichkeiten offen, um eine wirkungsvolle Regelung durchzusetzen. Sie muss es nur wagen.

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